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  • Kerim Kakmaci

365 Tage ohne Tinder



Am 10. Januar 2017 habe ich Tinder und zwei weitere - ich nenne sie mal liebevoll - "Dating"-Apps nach mehrjähriger intensiver Nutzung von meinem Handy gelöscht. Es war eine gute Entscheidung, eine sehr gute und vor allem dringend notwendige.


Warum? Lasst mich euch eine kleine Geschichte erzählen, die sich rein zufällig am gleichen Tag viele Jahr zuvor zugetragen hatte.


Der 10. Januar ist oder besser war der Hochzeitstag meiner Eltern. Heute vor genau 26 Jahren haben sie geheiratet. Ich war 7 und ich war dabei am Strand von Antigua. Ok, der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass sie mehr als die Hälfte dieser 26 Jahre schon wieder geschieden sind. Am 10. Januar vor genau 36 haben sie sich kennengelernt. Sie haben es also geschafft sich ohne Tinder, Dating-Apps, Facebook oder Instagram kennenzulernen ... und sich auch wieder zu trennen.


Was sich damals über den Zeitraum eines viertel Jahrhunderts erstreckte, passiert heute gefühlt in einem viertel Jahr. Alles in unserer Zeit ist schnelllebiger geworden, vor allem zwischenmenschliche Beziehungen und besonders Partnerschaften. Das Internet, Smartphones, Social Media und Dating-Apps haben Menschen ersetzbar und austauschbar gemacht. Unser Wertegefüge hat sich verschoben. Selbstwert und Selbstliebe sind nur noch optional. "Instant Gratifikation" durch Liebe und Anerkennung von außen ist obligatorisch geworden, unser Likes bestimmen unseren Wert. Wenn wir uns geliebt fühlen wollen, wischen wir ein paar mal nach links und rechts und der nächste Match poliert unser Ego wieder auf.


Wir bearbeiten lieber unsere Selfies, um mehr Likes und mehr Matches zu ergattern, statt an unserer Persönlichkeit oder unseren Beziehungen zu arbeiten. Was nicht passt, wird nicht mehr passend gemacht, es wird ausgetauscht. Im Vergleich zu dem glitzernden Lifestyle auf Facebook und den positiven Bildern auf Instagram ist unsere Beziehung, unser Partner oder unser aktuelles Date ja ohnehin viel zu behaftet mit Problemen, Makeln und kleinen Schönheitsfehlern. Wir streben nach Perfektion und vergessen dabei, dass wir selbst alles andere als perfekt sind, wenn wir mal den Insta- und Snapchat-Fiter weglassen.


Wir vergleichen uns und vor allem unsere Beziehungen zu Tode. Statistiken belegen, dass Tinder, Instagram und Co. mehr Beziehung zerstören als sie zusammen führen. Wir lassen unseren Fokus ablenken von dem, was wir haben, auf das, was wir haben könnten, und was vielleicht nur einen Match entfernt ist. Dabei vergessen wir, dass unser neues Tinder-Date im echten Leben gleichermaßen unperfekt ist, wie unser Partner, unser letztes Date oder wir selbst.


Wir betrügen uns selbst, aber wir können das Universum nicht betrügen. Wir können die Gesetze der Anziehung nicht überwinden. Wir werden immer Menschen in unser Leben anziehen, die uns unsere größten Herausforderungen aufzeigen und unsere Persönlichkeit spiegeln werden. Jeder von uns hat den Partner, den er verdient. Und wenn du in einer Sexdating-App, wie Tinder, nach Liebe und Wertschätzung suchst, weil ein paar Mal wischen leichter ist, als die Liebe und den Wert in sich selbst zu suchen und zu manifestieren, dann wirst du auf Menschen treffen, die genau das gleiche tun. Dann treffen sich zwei Gehörlose, die vom andere erwarten die Musik in ihren Herzen wieder erklingen zu lassen, anstatt die Musik in sich selbst zu finden.



Wie denkst du darüber? Sind du und dein Partner, die Ausnahme, die die Regel bestätigt? Oder hast du ähnliche Erfahrungen gemacht?

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